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Pressemitteilung 80/22 - 21.09.2022

Forscher beantworten fundamentale Frage der Quantenphysik

Publikation unter Beteiligung der Universit?t Augsburg best?tigt eine wichtige theoretische Vorhersage

Ein internationales Team von Physikern unter Beteiligung der Universit?t Augsburg hat erstmals eine wichtige theoretische Vorhersage der Quantenphysik best?tigt. Die Berechnungen dazu sind so komplex, dass sie bislang selbst Supercomputer überforderten. Den Forschern gelang es jedoch, sie mit Methoden aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz deutlich zu vereinfachen. Die Studie verbessert das Verst?ndnis fundamentaler Gesetzm??igkeiten der Quantenwelt. Sie ist in der Zeitschrift Science Advances erschienen.

? Science Advances

Wenn man die Bewegung einer einzelnen Billiardkugel berechnen m?chte, ist das relativ simpel. Die Bahn von unz?hligen Gasteilchen in einem Gef?? vorherzusagen, die permanent aufeinander prallen, gebremst und abgelenkt werden, ist schon erheblich schwieriger. Doch angenommen, von jedem Gasteilchen w?re gar nicht genau klar, wie schnell es sich bewegt? Es h?tte also zu jedem Zeitpunkt zahllose m?gliche Geschwindigkeiten, die sich nur in ihrer Wahrscheinlichkeit unterscheiden?

So ?hnlich sieht es in der Welt der Quanten aus: Quantenmechanische Teilchen k?nnen sogar alle potenziell m?glichen Eigenschaften gleichzeitig innehaben. Das macht den Zustandsraum quantenmechanischer Systeme extrem gro?. Will man simulieren, wie Quantenteilchen miteinander interagieren, muss man ihre kompletten Zustandsr?ume berücksichtigen. ?Und das ist extrem komplex“, betont Prof. Dr. Markus Heyl vom Institut für Physik der Universit?t Augsburg. ?Der Rechenaufwand steigt exponentiell mit der Anzahl der Teilchen. Bei mehr als 40 Teilchen ist er bereits so gro?, dass sich selbst die schnellsten Supercomputer daran die Z?hne ausbei?en. Dies ist eine der gro?en Herausforderungen der Quantenphysik.“

Neuronale Netze machen das Problem handhabbar

Um dieses Problem zu vereinfachen, nutzte Heyls Gruppe Methoden aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz - künstliche neuronale Netze. Mit ihnen l?sst sich der quantenmechanische Zustand gewisserma?en umformulieren. ?Dadurch wird er für den Computer handhabbar“, erkl?rt Heyl.

Mit dieser Methode haben die Wissenschaftler eine wichtige theoretische Vorhersage untersucht, die sich den Berechnungen bislang entzog – den quantenmechanischen Kibble-Zurek-Mechanismus. Er beschreibt das dynamische Verhalten von? physikalischen Systemen an einem sogenannten Quantenphasenübergang. Ein Beispiel für einen Phasenübergang aus der makroskopischen, uns eher vertrauten Welt ist der ?bergang von Wasser zu Eis. Ein anderes Beispiel ist die Demagnetisierung eines Magneten bei hohen Temperaturen.

Geht man nun umgekehrten Weg und kühlt das Material wieder ab, dann bildet sich der Magnetismus unterhalb einer bestimmten kritischen Temperatur wieder aus. Allerdings geschieht das nicht gleichm??ig über das gesamte Material. Stattdessen entstehen gleichzeitig viele kleine Magnete mit unterschiedlich ausgerichteten Nord- und Südpolen. Der entstehende Magnet ist also ein Mosaik vieler verschiedener kleinerer Magnete. Physiker sagen auch: er enth?lt Defekte. Der Kibble-Zurek-Mechanismus sagt voraus, wie viele dieser Defekte zu erwarten sind (anders gesagt: aus wie vielen Minimagneten sich das Material schlie?lich zusammensetzt). Was dabei besonders interessant ist: Die Anzahl dieser Defekte ist universell und damit unabh?ngig von mikroskopischen Details. Demnach verhalten sich viele verschiedene Materialien, auch wenn komplett unterschiedlich zusammengesetzt, exakt identisch.

Der Kibble-Zurek-Mechanismus und die Bildung von Galaxien nach dem Big Bang

Der Kibble-Zurek-Mechanismus wurde ursprünglich eingeführt, um die Strukturbildung des Universums zu erkl?ren. Das Universum war nach dem Big Bang anf?nglich komplett homogen, das hei?t, die Materie in ihm war v?llig gleichm??ig verteilt. Lange wusste man nicht, wie sich daraus Galaxien, Sonnen oder Planeten bilden konnten. Eine Erkl?rung hierfür ist, dass bei der Abkühlung des Universums ?hnlich wie beim Magneten Defekte entstanden. Diese Prozesse sind inzwischen gut verstanden. Es gibt aber eine Sorte von Phasenüberg?ngen, für die man die Gültigkeit des Mechanismus noch nicht überprüfen konnte – n?mlich die schon erw?hnten Quantenphasenüberg?nge. ?Sie existieren nur am absoluten Temperatur-Nullpunkt von -273 Grad Celsius“, erkl?rt Heyl. ?Der Phasenübergang findet also nicht bei Abkühlung statt, sondern durch ?nderungen der Wechselwirkungs-Energie - bildlich k?nnte man vielleicht sagen: des Drucks.“

Die Wissenschaftler haben nun einen solchen Quantenphasenübergang am Supercomputer simuliert. Dabei konnten sie erstmals zeigen, dass der Kibble-Zurek-Mechanismus auch in der Quantenwelt gilt. ?Das war zuvor keineswegs ausgemacht“, betont der Augsburger Physiker. ?Unsere Studie erlaubt es, die Dynamik quantenmechanischer Systeme vieler Teilchen besser zu beschreiben und damit die Regeln genauer zu verstehen, die in dieser exotischen Welt herrschen.“

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Originalpublikation:
Markus Schmitt, Marek M Rams, Jacek Dziarmaga , Markus Heyl , Wojciech H Zurek: Quantum phase transition dynamics in the two-dimensional transverse-field Ising model; Science Advances; Vol 8, Issue 37; DOI: 10.1126/sciadv.abl6850

Wissenschaftliche Ansprechperson

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Theoretische Physik III
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Michael Hallermayer
Stellvertretender Pressesprecher, Stellv. Leitung
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